Usability Heuristiken: 10 Daumenregeln für gutes Interface Design
- create3920
- 7. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 13. Aug.

Vermutlich hat jede:r schon einmal erlebt, dass sich eine Website irgendwie „falsch“ anfühlt, ohne dass der Grund sofort ersichtlich ist. Oft liegt es daran, dass grundlegende UX-Heuristiken verletzt wurden. Heuristiken sind einfache Regeln für gutes Design. Sie helfen, Interfaces intuitiv, verständlich und effizient zu gestalten. Ihr Ziel ist es, die kognitive Belastung der Nutzer:innen zu reduzieren. Jakob Nielsen, ein Pionier der Usability-Forschung, hat die Heuristiken in den 1990er-Jahren aufgestellt und bis heute sind sie ein unverzichtbares Werkzeug für UX-Designer:innen.
1. Sichtbarkeit des Systemstatus

Ein System sollte immer transparent zeigen, was gerade passiert. Nutzer:innen möchten wissen, ob ihre Aktion erfolgreich war, ob das System arbeitet oder ob es ein Problem gibt. Aussagekräftiges Feedback in einer angemessenen Zeitspanne sorgt für Vertrauen und Orientierung.
Beispiel: Beim Hochladen einer Datei informiert eine Fortschrittsanzeige über den aktuellen Stand. Ein Haken oder eine Bestätigungsmeldung zeigt den erfolgreichen Abschluss an.
2. Übereinstimmung zwischen System und realer Welt

Designs sollten Begriffe, Konzepte und Abläufe nutzen, die an das echte Leben erinnern. So fällt es Nutzer:innen leichter, Funktionen zu verstehen – ganz ohne lange Erklärung oder technisches Vorwissen.
Beispiel: Ein Briefumschlag steht für E-Mails, ein Telefonhörer für einen Anruf. Diese Symbole orientieren sich an Objekten, die Nutzer:innen aus dem echten Leben bekannt sind.
3. Kontrolle und freie Nutzung

Niemand mag es, in einer Sackgasse zu stecken. Systeme sollten immer Möglichkeiten bieten, unbeabsichtigte Schritte rückgängig zu machen oder Aktionen abzubrechen. So behalten Nutzer:innen das Gefühl der Kontrolle.
Beispiel: In einem Bildkarussell können Nutzer:innen selbst entscheiden, wie schnell sie vor- oder zurückspringen wollen, anstatt es nur automatisch durchlaufen zu lassen.
4. Konsistenz und Standards

Einheitliche Gestaltung sorgt dafür, dass Nutzer:innen sich schnell zurechtfinden. Wer einmal verstanden hat, wie etwas funktioniert, sollte dieses Wissen überall im System anwenden können. Auch branchenweite Konventionen helfen dabei, denn vermutlich verwenden Nutzer:innen häufiger andere digitale Produkte als deine eigenen.
Beispiel: Ein „Speichern“-Button sollte überall gleich aussehen und funktionieren. Verschiedene Farben oder Icons können beispielsweise für Verwirrung sorgen und machen die Bedienung anstrengender machen.
5. Fehlervermeidung

Idealerweise sollten Systeme so gestaltet sein, dass Fehler gar nicht erst entstehen können. Durch durchdachtes Design, klare Anweisungen und Einschränkungen bzw. Bestätigungs-Schleifen lassen sich viele Stolperfallen im Vorfeld vermeiden.
Beispiel: Ein Formular prüft schon während der Eingabe, ob eine E-Mail-Adresse im korrekten Format eingegeben ist und warnt frühzeitig, bevor ein Fehler beim Absenden auftritt.
6. Wiedererkennung statt Erinnerung

Interfaces sollten Informationen wie verfügbare Aktionen und Optionen sichtbar machen, statt Nutzer:innen zu zwingen, sich Dinge zu merken. Das reduziert die kognitive Belastung und erleichtert die Bedienung. Wie wir in unserem Artikel "Schnelles Denken, langsames Design: Was UX von Kahnemans Theorien lernen kann" genauer erklären, hat unser Gehirn nur begrenzte Kapazitäten für bewusstes Erinnern.
Beispiel: In einem Dropdown-Menü zur Länder-Auswahl sehen Nutzer:innen sofort alle verfügbaren Optionen und müssen nicht raten, wie das Land korrekt geschrieben wird.
7. Flexibilität und Effizienz der Nutzung

Gutes Design bietet mehrere Wege zum Ziel – einfache für Einsteiger:innen und effiziente für Fortgeschrittene. So können sich Nutzer:innen mit unterschiedlichem Erfahrungsstand produktiv und wohl fühlen.
Beispiel: In Photoshop nutzen erfahrene Nutzer:innen Tastenkombinationen für schnelle Aktionen, während Anfänger:innen auf Buttons, Menüs und Hilfestellungen zurückgreifen.
8. Ästhetik und minimalistisches Design

Weniger ist oft mehr. Wenn ein Interface nur das zeigt, was wirklich nötig ist, werden Nutzer:innen nicht von Nebensächlichkeiten abgelenkt. Eine aufgeräumte Oberfläche wirkt nicht nur schöner, sondern auch verständlicher.
Beispiel: Apple setzt konsequent auf klare Linien, viel Weißraum und reduzierte Farben, um Inhalte und Funktionen in den Vordergrund zu rücken.
9. Hilfe bei Fehlererkennung, -diagnose und -behebung

Wenn Fehler passieren, sollten sie verständlich erklärt werden – inklusive Lösungsvorschlag. So wird Frustration vermieden und der Weg zur Behebung erleichtert.
Beispiel: Eine Fehlermeldung wie „Die angeforderte Seite wurde nicht gefunden. Versuchen Sie die Seite neu zu laden oder wenden Sie sich an unseren Kundendienst.“ ist hilfreicher als ein reines „Fehler 404“, das keine weiteren Hinweise bietet.
10. Hilfe und Dokumentation

Selbst bei einer intuitiven Nutzeroberfläche kann es zu Fragen kommen. Gute Systeme stellen Hilfe dort bereit, wo sie gebraucht wird.
Beispiel: Eine FAQ-Sektion direkt im Checkout-Bereich eines Online-Shops beantwortet typische Fragen zu Zahlungsmethoden, Versanddauer oder Rückgaben – genau im Moment, in dem möglicherweise Unsicherheiten entstehen.
Fazit
Wenn sich ein Interface irgendwie „falsch“ anfühlt, dann liegt es vielleicht daran, dass diese kleinen, unsichtbaren Regeln nicht beachtet wurden.
Quelle: https://www.nngroup.com/articles/ten-usability-heuristics/ (Jakob Nielsen, 1994, abgerufen im Mai 2025)


